Pergamentergasse 42
Jg. 1875
‚Polenaktion‘ 1938
Ermordet 1941
im besetzten Polen
Jg. 1867
‚Polenaktion‘ 1938
Ermordet 1941
im besetzten Polen
Hermann Hersch Hacker wurde am 16. Dezember 1867 in Kolomea (heute: Kolomyja, Westukraine) geboren. Über Eltern oder Geschwister ist nichts bekannt. Er heiratete am 25. April 1895 seine erste Ehefrau Anna Hacker, geborene Ardel, in Eger. Beide zogen zusammen nach Erfurt. Mit ihr bekam er fünf Kinder: Betty , Menachem Max, Erich, Willy und Adolf. Von den fünf Kindern starben drei bereits kurz nach der Geburt. Nur Betty und Adolf wuchsen gesund auf.
1912 starb seine Ehefrau Anna im Alter von 39 Jahren. Ein Jahr später, im Sommer 1913, heiratete er seine zweite Frau Selma Hacker in Erfurt.
Selma Hacker war unter dem Mädchennamen Bibo am 31. März 1875 als Tochter von Pauline Bibo, geb. Süß, und Otto Nathan Bibo in Offenbach geboren worden. Sie hatte fünf Geschwister: Rosalie, Louise, Siegfried, Margarethe und Sophie. Seit 1877 wohnte Selma in Erfurt.
Hermann und Selma bezogen kurz nach ihrer Hochzeit gemeinsam eine Wohnung in der Johannesstraße. Selma wurde die Stiefmutter von Hermanns Kindern Betty und Adolf. Gemeinsam bekamen sie 1914 noch einen Sohn – Siegfried (später Schlomo).
Selma Hacker arbeitete als Verkäuferin. Hermann Hersch Hacker war Kaufmann und seit 1895 Inhaber der Firma Hermann Hacker Galanterie- und Wirtschaftsartikel. Sein Laden in der Johannesstraße 58 trug den Namen „Hackers Bazar, Haus- und Küchengeräte“.
Nachdem ihnen vom Hauseigentümer das Geschäft samt Wohnung gekündigt worden war, zogen sie 1933 ins Hinterhaus der Pergamentergasse 42. Seitdem war Hermann als Kleinhändler im Seifenhandel tätig.
Hermann Hersch Hacker war ein aktives Mitglied der jüdischen Gemeinde. Aus einem Artikel im Wochenblatt für den Synagogenbezirk Erfurt von 1927 ist bekannt, dass er einem 3-jährigen Mädchen das Leben gerettet hat. Das Mädchen aus der Schildgasse war am Dämmchen ins Wasser gefallen, eine Frau rief laut um Hilfe und Hermann zögerte nicht und rettete das Mädchen vor dem Ertrinken.
1921 war Hermanns Einbürgerungsgesuch abgelehnt worden; am 28. Oktober 1938 wurde er mit seiner Frau Selma festgenommen und gemeinsam mit 75 weiteren Erfurter Jüdinnen und Juden gewaltsam nach Polen abgeschoben („Polenaktion“). In Boryslaw kamen sie bei Pinkas Hacker, einem Verwandten von Hermann, unter. Von dort sandten sie ein amtliches Schreiben: „Hierdurch übergeben wir unserer Tochter Betty Ardel, geb. Hacker, die Vollmacht, dass sie über alles, was wir in unserer Wohnung Pergamentergasse 42 zurückgelassen haben, verfügen soll.“ In der Pergamentergasse wurde unterdessen die Wohnung durch einen Pfleger des Amtsgerichts leergeräumt und die Möbel wurden versteigert.
Hermann Hersch und Selma Hacker wurden 1941 im besetzten Polen ermordet. Das genaue Datum und der Ort sind bis heute unbekannt. Die Söhne Adolf und Schlomo konnten beide aus Deutschland fliehen und überlebten den Nationalsozialismus. Die Tochter Betty Ardel kam nach ihrer Deportation ins Ghetto Belzyce ums Leben.
Seit dem 18. September 2025 erinnern zwei STOLPERSTEINE in der Pergamentergasse 42 an Selma Hacker und Hermann Hersch Hacker.